Im Jahr 2019 konnte die ASW ein Jubiläum feiern: 45 Jahre Eine-Welt-Arbeit und Fairer Handel in Rheine! Welch eine lange Zeit! Die Welt war 1974 im Umbruch. Studierende gingen auf die Straße, um für gesellschaftliche Veränderungen zu demonstrieren. Die Kolonialzeit wurde beendet. Die Länder des globalen Südens hießen nun Entwicklungsländer, die Welt wurde wirtschaftlich in 1., 2. und 3. Welt aufgeteilt.
Nun entstanden die ersten Läden für fair gehandelte Waren, sie bekamen den Namen „Dritte Welt Laden“. In Rheine fand sich damals eine Gruppe junger Leute, die in der Hansastraße ein Informationszentrum 3. Welt mit einem der ersten Weltläden Deutschlands einrichteten.
Kerstin Hemker, selbst Aktivistin aus den Anfängen in Rheine und immer noch engagiert, konnte zur Jubiläumsfeier im September 2019 einige Mitstreiter des Anfangs von 1973/74 wie Dr. Klaus Piepel, Dr. Reinhold Hemker und Winfried Sommer aus Bremen nach Rheine einladen. Begrüßt wurden die damals und heute Aktiven, ferner Uli Jost-Blome (Bistum Münster) vom stellvertretenden Bürgermeister Norbert Kahle. Die aktiven Jugendlichen, die sich in der Jakobi Kirchengemeinde trafen und überwiegend aus der kirchlichen Jugendarbeit kamen, verkauften aber nicht nur fair gehandelte Waren, sondern engagierten sich politisch. So wurde Terre des Hommes unterstützt oder die Gruppe demonstrierte gegen das Militärregime in Chile. Den Engagierten war es wichtig, die Menschenzu informieren über die Ungerechtigkeit in vielen Teilen der Welt. Verbunden damit erhofften sie sich davon Veränderungsprozesse.
In das Engagement um den fairen Handel sind von Beginn an die Kirchen sehr eingebunden, schließlich sind Misereor und Brot für die Welt Hauptgesellschafter der Gepa und in vielen Kirchengemeinden fand und findet regelmäßig ein Verkauf von fairgehandelten Produkten statt. Gerechtigkeit, Friede, Bewahrung der Schöpfung, all dies steht hinter dem fairen Handel.
In den folgenden Jahren wuchs der Weltladen, zog Anfang der 1990er Jahre ins Technologiezentrum TAT und mauserte sich zu einem professionellen Verteilzentrum für faire Waren in der ganzen Region. Viele Gruppen bezogen von dort ihre Waren und wurden inhaltlich in der Bildungsarbeit begleitet. Mit Anne Neise und Claudia Coleman, die bis heute im Weltladen tätig ist, wurden die ersten hauptamtlichen Kräfte eingestellt.
Im Jahre 2011 zog die ASW mit dem Weltladen dann wieder näher zur Innenstadt und zurück an die Hansaallee, jetzt in die Nummer 17, in das Ladenlokal der Familie Klos.
Dr. Reinhold Hemker, Mitglied des NRW Landtages und dann Abgeordneter des Bundestages in Berlin, war über viele Jahre Vorsitzender der ASW. Mit dem Umzug übernahm Michael Remke-Smeenk den Vorsitz. Als bald darauf die damalige Geschäftsführerin Anne Neise in Rente ging, blieb dem neuen Vorsitzenden Michael Remke-Smeenk nichts anderes übrig als auch die Geschäftsführung zu übernehmen.
Diese gesamte Arbeit im Verein erfolgte im Ehrenamt und war allein nicht zu stemmen, und so begann mit dieser Zeit ein unglaublicher Aufschwung an ehrenamtlicher Arbeit im Verein. Der Verein wuchs von 17 auf über 60 Mitglieder mit fantastischen Folgen:
Vereinsmitglieder waren ab sofort im Verkauf tätig und unterstützten so die Fachkraft im Fairen Handel im Kreis Steinfurt im operativen Verkaufsgeschäft. Es gab eine Fahrergruppe zur Auslieferung der Fairen Waren, eine Gruppe Finanzen und Buchhaltung, die Pressearbeit wurde neu organisiert und in Eigenarbeit wurde das Ladenlokal renoviert und instand gehalten. Eine Gruppe „Bildung“ wurde ins Leben gerufen, die an die Schulen herantrat und die Faire Schulstunde für Schulklassen einführte. So wurde eine intensive Zusammenarbeit mit Schulen zum Fairen Handel vorangebracht. Aber auch mit Fairen Kaffeetafeln und Fairen Weinproben konnten Themen des Fairen Handels mit seinen guten Seiten für Produzenten und ihre Familien den Menschen in Rheine näher gebracht werden. Vor allem Gruppen aus Kirchen und Vereinen nutzten diese Angebote. Auch konsumkritische Stadtrundgänge, von der zweiten ASW-Vorsitzenden Beate Steffens durchgeführt, wurden zum Markenzeichen der Bildungsarbeit der ASW.
Die ASW war Motor in der Entwicklung der Stadt Rheine zur Fair Trade Town. Im Jahre 2014 wurde die Urkunde feierlich an Bürgermeisterin Kordfelder übergeben. Eine Steuerungsgruppe der Stadt Rheine begleitet und fördert seitdem in enger Zusammenarbeit mit der ASW diesen Prozess mit regelmäßigen Re-Zertifizierungen.
Im Jahre 2019 übergab die ASW mit dem Weltladen den gewerblichen Teil des Vereins an die junge „Weltladen-Betreibergenossenschaft“. Damit verbunden war ein Umzug des Weltladens in die Innenstadt, an den Marktplatz 12. Von dieser Abgabe des Weltladens versprach sich die ASW mehr Kundennähe und eine Attraktivitätssteigerung, was den Menschen in Rheine einen Weltladen erhalten und zu einer neuen Stärkung des Fairen Handels führen sollte.
Heute ist wieder eine intensive Zeit des Umbruchs. Wieder sind es die jungen Leute, die den Anstoß zur Veränderung der Gesellschaft geben. Und die ASW kehrt gewissermaßen zurück zu ihren Ursprüngen, wenn sie jetzt wieder mit Informations- und Bildungsarbeit und politischen Aktivitäten gegen die weltweiten Ungerechtigkeiten, insbesondere im Welthandel, sich einsetzt.